Der 03.Oktober:
Überall in Deutschland wurde anlässlich des Tags der Deutschen Einheit gefeiert – oder zumindest der arbeitsfreie Tag genossen. In Norderney gab es noch zwei weitere Anlässe, zu denen sich Menschenmengen versammelten:
Offizielles Abbaden
Um 15 Uhr wurde am Nordstrand ganz offiziell die diesjährige Badesaison beendet. Das Wetter war mehr als gnädig: Kaum Wind, viel Sonne, kein Regen. Da wurde der letzte Sprung ins kühle Nass fast zu einem Spaziergang. Entsprechend viele Badelustige stürzten sich in die Fluten: Etwa 120 Badende waren im Wasser, mehrere hundert Zuschauer am Strand. Diese schauten zwar gerne zu, ergriffen aber lauthals die Flucht, sobald die Wellen das Wasser etwas höher an den Strand trieben und sie Gefahr liefen, nasse Füße zu bekommen.
Zwar waren schon einige Schwimmer vor dem offiziellen Start im Wasser, die große Menge wartete jedoch die kurze Ansprache mit Gedicht sowie das Hornsignal ab, bevor sie in die Fluten zog.
„Das Meer, mal still, mal wild.
Die Luft, mal kalt, mal mild.
Den Abschied von diesem
lassen wir uns nicht vermiesen.“
Die Stimmung war sowohl bei den Schaulustigen als auch bei den Schwimmern ausgelassen – und da das Wetter so gut war, wurde den Badenden auch besonders viel Zeit im Wasser gegeben, bis das Event mit einem dreifachen Hornsignal beendet wurde.
Angebadet wird dann wieder am 01.01.2020 – da werde ich höchstwahrscheinlich sehnsuchtsvoll an die 15 Grad Wassertemperatur vom 03.10 zurückdenken.
Jubiläumsball 222 Jahre Seebad
Am 3. Oktober 1797, also vor 222 Jahren, wurde Norderney offiziell zum Seebad ernannt. Das ganze Jahr 2019 über wurde deshalb schon gefeiert – mit besonderen Angeboten, vielen Veranstaltungen und der Zahl 222 präsent auf der gesamten Insel.
Am Abend des 3.10 wurde der Jubiläumsabend dann mit einem Ball zelebriert – wieder eine Veranstaltung, bei der sich mein Kleiderschrank als unbrauchbar erwies. Danke, World Wide Web, dass es dich gibt!
Nach dem Sektempfang wurden Reden gehalten – alle interessant und wichtig, bei manchen würde ich als prägnantestes Merkmal jedoch „lang“ herausstellen. Etwas skurril, auch wenn es mit Sicherheit schöne Bilder gibt: Während der Reden flog immer wieder eine Drohne über die Köpfe der Gäste hinweg – und machte dabei ordentlich Wind. Gut, dass ich außer „Haare offen“ und „Zopf“ keinerlei Frisuren im Repertoire habe; so konnte auch keine Frisur zerstört werden.

© Joachim Trettin
Im Anschluss präsentierte „The Cast“ einen Ausschnitt aus ihrem Programm. The Cast, auch „die Rockstars der Oper“ genannt, ist eine junge, international besetzte Opernband, die sich auf die Fahne geschrieben hat, Oper unterhaltsam, spaßig, mitreißend und alles andere als steif zu gestalten. Nennt mich einen Kulturlegastheniker, aber auch wenn ich eindeutig erkenne, dass bei Opernsängern eine großartige Stimmgewalt auf der Bühne zugegen ist: Ein wirklich Opernfan bin ich einfach (noch) nicht. Schuld an meiner mangelnden Begeisterung könnte auch mein Zustand gewesen sein: Ich war hangry. Zu meinem Glück wurden bald die Pforten geöffnet: Es gab Essen.
Das Konzept glich dem einer Markthalle: Verschiedene Restaurants und Cafés Norderneys hatten Stände aufgebaut und man konnte sich aussuchen, worauf man am meisten Lust hatte. Das Essen: super lecker – und für mich von Vorteil, da ich so direkt noch einige Restaurants finden konnte, denen ich in naher Zukunft mal einen Besuch abstatten möchte.
Im Saal spielte ein Symphonieorchester, es wurde getanzt und: Meine Herren, können die Norderneyer trinken. Danke allen, die diesen Abend organisiert haben, Hut ab!
„Verflixte Klassik“ – Zamoscz Symphonieorchester und Felix Reuter
Zwei Tage später hatte ich im Conversationshaus die Gelegenheit, dem Symphonieorchester von Donnerstag nochmals zuzuhören – beim Konzert „Verflixte Klassik“ mit Felix Reuter.
Felix Reuter zeigte als Pianist, Entertainer und Musikkomödiant, dass Klassik nicht verstaubt sein muss. Reagierte das Publikum anfangs noch verhalten auf seine Fragen, gab es irgendwann immer mehr Zwischenrufe und Mitratende. Er improvisiert, unterhält, erklärt, reißt mit und – macht gemeinsam mit dem Orchester großartige Musik.
Eventuell bin ich in Bezug auf Kultur doch noch nicht völlig verloren, denn: Im Gegensatz zur Oper finde ich Orchester großartig. Ich habe lange selber Geige gespielt und bewundere deshalb noch mehr, wenn Andere das Instrument tatsächlich beherrschen.
Worüber alle Künstler froh sein können: Dass es nicht nur Zuschauer wie mich gibt. Egal ob im Theater, bei einem Vortrag oder einem Konzert: Ich setze mich auf meinen Platz und bin ab dem Moment an für 1,2 oder 3 Stunden ruhig. Natürlich klatsche ich – und zum Abschluss auch gerne so, dass ich am Ende gefühlt eher glühende Stumpen denn Hände habe – aber ich rufe nicht rein, rätsele nicht mit, lache nicht laut. Wenn ich an einem kulturellen Ereignis teilnehme, genieße ich einfach nur. Das ist natürlich schwierig, wenn das Programm auf das Mitwirken des Publikums angewiesen ist. Danke also an alle, die für mich „mitgemacht“ haben.
Der Abend war rund: Von „ganz klassischer Klassikmusik“, die für Gänsehaut sorgt, zu unterhaltsamen Jazzstücken oder Mitsing-Songs war alles dabei. Das Orchester ist noch bis Ende Oktober auf Norderney und bietet unterschiedlichste Konzerte für Jung und Alt an.